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Die rotweiße Fahne wehte in diesem Jahr digital
Da die Kerb wegen der derzeitigen Pandemielage nicht wie üblich auf dem Festplatz stattfinden konnte, hatte sich das städtische Kulturamt etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Mit dem Konzept „Kerb daheim“ mussten die Kelsterbacher nicht auf ihr beliebtestes Volksfest verzichten, sondern konnten die Highlights gemütlich und gefahrlos von den heimischen Bildschirmen aus verfolgen. Für die Filmaufnahmen hatte die Stadt Profis engagiert, „die sonst in Fernsehproduktionen und in der Musikbranche tätig sind“, freute sich Kulturamtsleiter Robin Schmalz. Er betonte außerdem, dass bei den Dreharbeiten im Fritz-Treutel-Haus alle Hygiene- und Abstandsregeln penibel eingehalten wurden und, dass keine Zuschauer zugelassen gewesen seien. Als besonderer Clou gelang es dem Kulturamt, die hessischen Komiker von Mundstuhl als Moderatoren zu verpflichten. Das Duo lockerte die Onlineveranstaltung mit ihren flapsigen Kommentaren, teilweise in ihren Paraderollen als Dragan und Alder, humorig auf.
Limitierte Bembel-Sonderedition
Um die Kerb zumindest auch ein bisschen physisch greifbar zu machen, hat die Stadt einen speziellen „Kerb daheim“-Bembel designen lassen, da der Ebbelwoi das beliebteste Getränk der Kerb ist. Eine Idee, die laut Kulturamt „schon recht früh in der Planungsphase des Projekts festgelegt“ wurde. Der Bembel, ganz Kelsterbach typisch in den Farben rotweiß gehalten, wird von einem Vers aus dem Kerwelied sowie dem stilisierten Kerwebaum und den obligatorischen Kerweborsch geschmückt. Am Entwurf für den zwei Liter fassenden Krug aus Steinzeug waren neben den Kerweborsch auch Mundstuhl persönlich beteiligt. Das Interesse am streng limitierten Bembel war schon im Vorfeld enorm. Kerwepräsident Sven Wellinger berichtete sogar von Nachrichten potenzieller Abnehmer aus Gemeinden weit über Kelsterbachs Stadtgrenzen hinaus. Kritik sei dem Kulturamt nur insoweit zu Ohren gekommen, „dass wir die Bembel nicht bereits gefüllt angeboten haben“, schmunzelte Schmalz. Als dann vergangenen Freitag auf dem Wochenmarkt der Verkauf startete, waren die 50 Exemplare in Rekordzeit ausverkauft. Der Verkaufspreis habe mit 50 Euro deutlich unter dem Einkaufspreis gelegen, es sei der Stadt aber darum gegangen, „einen weiteren Beitrag zur ‚Kerb daheim‘ zu leisten und eine schöne Grundlage für die Geselligkeit in den eigenen vier Wänden zu schaffen“, erläuterte der Kulturamtsleiter. „Kultur ist wichtig und darf nicht in Vergessenheit geraten“, befand auch Wellinger. Der Präse hatte persönlich Gefallen am Bembeldesign gefunden und plante schon im Vorfeld sich ebenfalls einen zuzulegen. Für den Kelsterbacher Marcel Gallmann, der erfolgreich einen der beliebten Krüge ergatterte, war die Intention beim Kauf vor allem die Kerweborsch und damit die Brauchtumspflege während der Coronazeiten zu unterstützen.
Fassbieranstich und Partystimmung
„Wir wollen es uns gemeinsam am Wochenende gemütlich machen und feiern unser Traditionsfest“, eröffnete Bürgermeister Manfred Ockel Freitagabend die Onlinekerb. Passend zum wohligen Wohnzimmergefühl dichteten Mundstuhl den Refrain des Kerwelieds ins derzeit passendere „Die Kelsterbacher Kerb is dahaam“ um. Damit es zu Hause nicht zu geruhsam wurde, forderte der Kerwepräsident die Zuschauer auf „Äppler in die Bembel und Vollgas“ zu geben. Da die Kelsterbacher Kerb ohne Fassbieranstich undenkbar ist, hieß es für den Bürgermeister vor dem ersten Stöffche zunächst: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Sein Ziel unter drei Schlägen zu bleiben, erfüllte er zu seiner Freude, bevor er das, von der Firma Binding gesponserte, kühle Blonde an die Festwirte Tanja und Markus Diestelkamp sowie den Kerwepräsidenten und Giggelsmädchen Anna-Lena Hofmann ausschenkte. „Ihr daheim, feiert schön heute Abend bei einem wunderbaren Glas Bier oder beim Ebbelwoi“, prostete Ockel dem Publikum vor den Bildschirmen zu. Anschließend kam mit der „Matthias Baselmann Band“ und Hits wie Lionel Richies „Dancing on a ceiling“ oder Journeys „Don’t stop believin‘“ Partystimmung auf. Auch „GHB live“, mit dem Kelsterbacher Dennis Nixdorf am Keyboard, überzeugte einmal mehr mit seiner Mischung aus Pop, Funk, Soul und House. Bekannte Titel wie „Higher Love“ von Kygo und Whitney Houston oder Pharrell Williams „Happy“ sorgten für gute Laune und luden förmlich zum Feiern auf der heimischen Couch ein. Einmal mehr als unterhaltsam erwies sich das Showprogramm der Kerweborsch, das selbstverständlich auch bei „Kerb daheim“ nicht fehlen durfte. Von „Kiss bis Michael Jackson alles dabei“ kommentierten es Mundstuhl treffend. Bei einer Retrospektive auf die vergangenen Jahre traf man auf in Formation tanzenden Strumtuppler aus dem Star Wars-Universum und einen einsamen Astronauten, der „völlig losgelöst“ zu Peter Schillings „Major Tom“ performte. Bei einer simplen Rückblende beließen es die Kerweborsch aber natürlich nicht. Angeführt von ihrem Giggelsmädchen hatten die sieben Männer perfekt abgestimmte Choreografien zu den Evergreens „Summer of ‘69“ und „I’m still standing“ einstudiert.
Kerb live-light auf dem Schlossplatz
Ganz Gallien war römisch besetzt, nicht so ganz! Die ganze Kelsterbacher Kerb online, nicht so ganz! Auf dem Schlossplatz hatte das Ehepaar Diestelkamp einen Corona-gerechten Biergarten gezimmert, und die Freilichtbühne bekam eine ganze neue Funktion. „So schnell ging das noch nie mit dem Kerwebaumaufstellen!“, hieß es aus den Reihen der aktiven Kerweborsch. Die ließen pünktlich um vier den Baum in den Kelsterbacher Himmel entschweben. Live. Und wirklich, problemlos ließ sich die rot-weiß-drapierte Fichte in die Höhe hieven. 18 Meter lang, und einer der letzten der Mohikaner aus dem Kelsterbacher Stadtwald, war aus den Reihen des Kommunalbetriebs zu hören. Aber am Baum scheitert die Kerb auch künftig wohl nicht. Statt Zelt-Einmarsch schmetterten die Kerweborsch ihr „Wem iss die Kerb?“ dem gutgefüllten Freiluft-Biergarten entgegen, dutzende Handy reckten sich entgegen, um den historischen Kerwemoment einzubrennen. Nun, im Biergarten ging es Corona-gemäß zu. Maximal 200 Personen waren genehmigt. Alle mussten sich eintragen in eine Corona-Liste, ein Mitarbeiter des Kerwewirts Diestelkamp zählte penibel, wieviel gemäßigt Feierwütige sich gleichzeitig im Bierzelt unter Kelsterbacher Himmel befanden. Und so kam doch noch etwas von der guten alten Kerwestimmung zustande an „diesen“ Tagen. „Die Kelsterbacher lieben ihre Kerb, sie feiern sie auch aus der Distanz, und die Kerb ist bei vielen das ganze Jahr im Herzen“, sagte der Vereinsringsvorsitzende Thorsten Schreiner dazu. Mit „stählerner Disziplin“ (Schreiner) wurde das Volksfest Nummer 1 quasi auf eine neue Ebene gehoben. In Nach-Corona-Zeiten, so die Hoffnung, wird dann hoffentlich wieder der Weg zurück durch die Schleier der Matrix zurück ins Kerwezelt gefunden. Zurück zu Äppler, toil, sweat and tears – we shall never surrender.
Zweite Amtzeit für das Giggelsmädchen
Auch der Frühschoppen, der zu einer jeden Kerb gehört wie die Musik zum Handkäs‘, wurde für das Onlinepublikum neu interpretiert. Das Kulturamt erklärte, dass es das Ziel gewesen sei, die digitale Welt mit der realen Veranstaltung auf dem Festplatz zu kombinieren. Am Alten Schloss, in unmittelbarer Nähe zum 18 Meter messenden Kerwebaum, dem weithin sichtbaren Zeichen der Kerb, wurde von der Stadt ein kleiner, coronakonformer Biergarten genehmigt, den die Familie Diestelkamp bewirtschafte. Während die Kerweborsch beim Ebbelwoi vor Ort in den unverfälschten Genuss des Blasorchesters Höchst kamen, mussten sich die Daheimgebliebenen mit einem Livestream mit Standbild vom Schlossplatz begnügen, der, den Echtzeitkommentaren zufolge, weniger gut ankam als die aufgezeichneten Videoelemente der vorhergehenden Tage. Eine andere technische Umsetzung sei nicht möglich gewesen, erklärte Schmalz, da dieser Part sehr kurzfristig und erst nach Abschluss der Dreharbeiten in den Ablauf aufgenommen wurde. Dass der Frühschoppen deshalb im Schatten des übrigen Programms stehen würde, sei zu erwarten gewesen. Die Stadt habe aber dennoch nicht darauf verzichten wollen, um die „Kerb daheim“ auf traditionelle Weise abzurunden. Der klassischerweise zum Frühschoppen gehörende Giggelsschlag wurde dann wieder in der vorab aufgezeichneten und inzwischen bewähren Variante gezeigt. Anstelle des üblichen Hiebs auf den Tontopf wurde Hofmann, die laut Präse bisher wenig von der Kerb hatte, formlos als Giggel bestätigt. Damit schreibt die Kelsterbacherin, deren Großmutter bereits Giggelsmädchen gewesen war, Geschichte. Bislang war keiner Frau die Ehre zuteil geworden, länger als ein Jahr in Amt und Würden zu stehen. Zur erneuten Ernennung erhielt sie von Vize-Präsident Kevin Hainbuch eine neue Schärpe als sichtbares Zeichen ihrer Stellung. Insgesamt zeigte sich das Kulturamt höchst zufrieden mit dem Ablauf der „Kerb daheim“ und „mit dem ganzen Wochenende“. Die Onlinekerb sei ein Alleinstellungsmerkmal für Kelsterbach. „Wir haben da was Cooles auf die Beine gestellt“, befand Schmalz selbstbewusst. Lobend äußerte sich auch Wellinger: „Die haben auf jeden Fall 100 Prozent gegeben, besser kann das keiner machen“. (So/hb)