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Kelsterbach ist eine Stadt, in der Menschen verschiedenster Nationalität und Staatsbürgerschaft zusammenleben. Mit gut 35 Prozent hat die Untermainstadt die höchste Ausländerquote im Kreis Groß-Gerau und fast 60 Prozent der rund 17.000 Kelsterbacherinnen und Kelsterbacher haben einen Migrationshintergrund. Kein Wunder also, dass die Integration der Einwohnerinnen und Einwohner verschiedenster Herkunft eine bedeutende Aufgabe ist, die strukturiert und planvoll angegangen werden muss.
Die Interessen der nichtdeutschen Einwohnerinnen und Einwohner Kelsterbachs wahrzunehmen, ist lange Zeit die Aufgabe des gewählten Ausländerbeirats gewesen. Als das Land Hessen es im Jahr 2020 den Kommunen mit mehr als tausend ausländischen Einwohnern freigestellt hat, entweder einen Ausländerbeirat oder eine Integrationskommission (IK) einzurichten, entschied sich die Stadt Kelsterbach – mit ausdrücklicher Empfehlung des hiesigen Ausländerbeirates – dafür, den Beirat durch eine Kommission zu ersetzen. Man versprach sich davon eine breitere Einbindung der migrantischen Bevölkerung, als sie bis dahin durch die meist an Nationalitäten orientierten Wahllisten gegeben gewesen war. Der Integrationskommission sprach man auch einen anderen Status als dem Ausländerbeirat zu, vergleichbar den übrigen städtischen Gremien, etwa den Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung. Schließlich erhoffte man sich, dass die politischen Interessenlagen der Migrantinnen und Migranten künftig besser berücksichtigt würden.
Die Mitglieder der Integrationskommission sind inzwischen berufen worden, ihr gehören Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung an sowie zurzeit elf sachkundige Bürgerinnen und Bürger. Vorsitzender ist nach den Bestimmungen der hessischen Gemeindeordnung der Bürgermeister. In allen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen, berät die IK die Organe der Stadt, außerdem ist sie bei diesen Themen anzuhören und hat ein Vorschlags- beziehungsweise Antragsrecht.
Die Kelsterbacher Integrationskommission ist bereits zu mehreren Sitzungen zusammengekommen und hat erste Schritte zu einer Standortbestimmung und Weiterentwicklung der Kelsterbacher Integrationspolitik unternommen. Als Stellvertreterin Manfred Ockels im Vorsitz der Integrationskommission fungiert Irini Kaldi. Die 44-jährige Griechin ist hier geboren und die ersten Jahre in Kelsterbach aufgewachsen, ehe sie im Alter von fünf Jahren zusammen mit den Eltern nach Griechenland auswanderte. Im Jahr 1992 ist sie wieder nach Kelsterbach zurückgekommen, hat ihr Abitur an der griechischen Schule in Kelkheim gemacht und erst danach, vor Beginn ihrer Ausbildung zur Erzieherin, die deutsche Sprache mittels eines Intensivkurses gelernt. Seit inzwischen zwanzig Jahren ist sie bei der Stadt Raunheim beschäftigt, leitet dort eine Kindertagesstätte.
„Ich habe selbst erfahren, wie es ist, sich integrieren zu wollen“, berichtet sie von ihren persönlichen Erfahrungen. Bekanntschaften mit Menschen außerhalb der griechischen Community habe sie erst während der Ausbildung und am Arbeitsplatz gemacht. Die Kelsterbacher Integrationskommission hält Kaldi für „eine super Sache und eine große Chance für alle“. Das Gremium könne der Kommunalpolitik helfen, die Bedürfnisse und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte zu erkennen und dann passende Angebote zu erstellen, meint sie. „Die Politik macht sich grundsätzlich Gedanken über die Bevölkerung, darunter auch Menschen, die sie kaum kennt. Da kann es durchaus passieren, dass man mal danebenliegt oder dass Dinge, die Migranten brauchen, nicht berücksichtigt werden“, sagt Irini Kaldi.
Vordringliche Aufgabe in Sachen Integration müsse es also sein, eine Umfrage mithilfe der Vereine und migrantischen Communities auf den Weg zu bringen, um die Wünsche und Bedürfnisse der Einwohnerinnen und Einwohner mit Migrationshintergrund fundiert zu ermitteln. Auch das bestehende Integrationskonzept, das im Jahr 2015 ausgearbeitet worden ist, müsse mit seinen enthaltenen Angeboten und Maßnahmen überprüft und aktualisiert werden.
Vieles, was hilft, um die Integration zu befördern, sei schon vorhanden, findet Kaldi, zum Beispiel die Angebote des Familienzentrums, die Maßnahmen zur Sprachförderung, die Tätigkeit der Integrationslotsinnen, der interreligiöse Dialog, aber auch das Jugendzentrum oder die Seniorenzeitung. Auch die Besuche einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung bei Familien mit Neugeborenen findet sie sehr hilfreich, wie sie selbst vor neun Jahren nach der Geburt ihrer Tochter erlebt hat. „Kelsterbach ist auf einem recht guten Stand“, beurteilt sie die vorhandenen Integrationsangebote. Diese seien freilich ausbaufähig, meint Kaldi, zum Beispiel in Form von Lesungen in den verschiedenen Muttersprachen der Kelsterbacher Migrantinnen und Migranten oder Erzählcafés.
Bei aller Sinnhaftigkeit von Integration stelle sich aber auch die Frage, ob man „Parallelgesellschaften“, die sich wohlfühlten, unbedingt integrieren müsse, wirft Kaldi ein Thema auf, das in der Integrationskommission erörtert werden solle. Wichtig sei aber vor allem der Dialog und die Begegnung: Voneinander mehr zu wissen, sich gegenseitig zu kennen und zu verstehen, mache es erst möglich, sich eine Meinung zu bilden und mit dem Gegenüber auseinanderzusetzen. Solch ein Dialog müsse gefördert werden und könne beispielsweise im Rahmen kleiner Veranstaltungen, in Workshops, in Vereinen oder Jugendgruppen vonstattengehen, sagt sie. „Integration ist keine Einbahnstraße, es müssen sich beide Seiten aufeinander zubewegen“, ergänzt sie.
Das Zusammenleben in Kelsterbach empfindet Kaldi als „friedlich, bereichernd und offen“, Orte und Möglichkeiten, um sich interkulturell zu begegnen, seien vorhanden. Eine gute Gelegenheit zur Begegnung und zum Austausch sei immer das Fest der Nationen gewesen. Viele fragten danach, wann es denn wieder einmal stattfinden könne, berichtet Kaldi. „Alles, was Spaß macht, fördert die Integration“, findet sie und unterstreicht damit ihren Wunsch, das Fest möglichst bald wieder gemeinsam in der Planung mit den kompetenten Mitgliedern der IK aufleben zu lassen, um das „Wir-Gefühl“ wieder zu beleben.
Kelsterbach sei für sie persönlich genauso Heimat wie Griechenland, sagt die stellvertretende IK-Vorsitzende. „Man kann seine Wurzeln, Sprache und Traditionen behalten und trotzdem an der deutschen Gesellschaft teilhaben“, zum Beispiel, indem man sich ehrenamtlich in Vereinen engagiert oder Freundschaften mit Menschen anderer Kulturen schließt, sagt Kaldi. „Bei der Integration kann man nichts verlieren, sondern nur dazugewinnen“, plädiert sie dafür, „die Grenzen der eigenen kulturellen Identität zu erweitern.“ (wö)