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Am Samstag, 24. Februar, jährt sich der Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zum zweiten Mal. Nicht zuletzt die massiven Angriffe Russlands auf die zivile Infrastruktur der Ukraine haben dazu geführt, dass rund 6,5 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer das Land verlassen und im Ausland Zuflucht gesucht haben. Auch in Kelsterbach sind ukrainische Flüchtlinge untergekommen, manche von ihnen leben bereits fast zwei Jahre in der Untermainstadt. Von den rund 500 in Kelsterbach lebenden Flüchtlingen kommen derzeit 181 Personen aus der Ukraine, zu Spitzenzeiten sind es gut 250 Personen gewesen. Der Rückgang erklärt sich hauptsächlich mit der Auflösung der Gemeinschaftsunterkunft im Step-In-Hotel in der Waldstraße im Sommer vergangenen Jahres. Der Kreis hat die 70 Flüchtlinge, die dort ausziehen mussten, dann größtenteils in Rüsselsheim untergebracht. Seit vergangenem Herbst sind offiziell keine neuen Flüchtlinge mehr aus der Ukraine nach Kelsterbach gekommen.
Dass von den nunmehr in der Untermainstadt verbliebenen ukrainischen Kriegsflüchtlingen weit mehr als die Hälfte in Privatwohnungen untergekommen sind, ist vor allem den Bemühungen des Teams um die städtische Flüchtlingskoordinatorin Agneta Becker, zu dem Larisa Liefke und Kevser Sempek gehören, zuzuschreiben. „Wir haben vehement in Privatwohnungen vermittelt“, berichtet Becker, eine Aufgabe, die auch aktuell immer noch ganz obenan steht für ihr Team. Noch 50 Personen leben in Gemeinschaftsunterkünften im ehemaligen Hotel Lindenhof und im ehemaligen Hotel Tanne. Zumeist sind es ukrainische Familien, die hierher geflüchtet sind, die Hälfte der 181 Flüchtlinge sind Minderjährige. Väter sind freilich kaum darunter, die Ukraine verbietet Männern im wehrfähigen Alter die Ausreise.
Die Vermittlung der arbeitsfähigen Geflüchteten in Jobs ist eine weitere sehr wichtige Aufgabe für die städtische Flüchtlingskoordination. Denn bislang ist lediglich eine Minderheit der Kelsterbacher Ukrainerinnen und Ukrainer berufstätig, Becker schätzt den Anteil auf etwa zehn Prozent. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zumeist sind es Hemmungen aufgrund geringer Kenntnisse der deutschen Sprache, sich aus dem geschützten Bereich der Unterkunft hinaus ins Berufsleben zu wagen. „Die Erwachsenen tun sich schwer, haben Angst loszureden und etwas falsch zu sagen. Kinder kommen mit Deutsch viel besser zurecht“, bringt Liefke ihre Beobachtungen auf den Punkt.
Die Notwendigkeit, Deutsch zu lernen, mögen manche Ukrainer anfangs nicht besonders hoch eingeschätzt haben. Denn sie hofften ja, bald schon wieder nach Hause gehen zu können. Inzwischen sind diese Hoffnungen in vielen Fällen zerstoben, weil in der ukrainischen Heimat angesichts der Kriegsfolgen oftmals nichts mehr so ist, wie es einmal war. Zudem haben sich viele hierher Geflüchtete inzwischen eingelebt und mit dem Gedanken, dauerhaft dazubleiben, angefreundet.
Einen Job auszuüben, ist aber auch aus anderen Gründen als der Sprachbarriere nicht ganz einfach für die ukrainischen Mitbürger. Zwar sind viele in ihrer Heimat gut ausgebildet worden, doch die Standards, Anforderungen und Inhalte von Berufsausbildungen in der Ukraine unterscheiden sich oftmals von den hiesigen. Alle ukrainischen Ausbildungszeugnisse müssten übersetzt und dann von den hier zuständigen Stellen geprüft und anerkannt werden. Das koste nicht wenig Geld, dauere lange und dämpfe leider oftmals die Motivation, schildern die städtischen Mitarbeiterinnen ihre Beobachtungen.
Während viele ukrainische Kinder in den hiesigen Sportvereinen aktiv seien, hätten die Erwachsenen noch nicht im gleichen Maß Anschluss an die deutsche Gesellschaft gefunden, meinen Becker und Liefke. Immerhin, die Angebote der Petrusgemeinde, die Deutsche und Ukrainer zum gemeinsamen Kochen oder Malen zusammenbringen, würden gerne und regelmäßig angenommen. Auch die Tafel in der Pfarrgasse sei ein Ort der Begegnung – und überdies ein Treffpunkt für die ukrainische Gemeinschaft in Kelsterbach.
Die materielle Ausstattung der Flüchtlinge mit Möbeln, Kleidung und anderen Dingen des täglichen Bedarfs ist inzwischen so gut, dass im Grunde keine Spenden mehr benötigt werden. Höchstens wenn eine Familie umziehe, würde noch mal eine Möbelspende angenommen, sagt Becker, auf Lager lege sie jedenfalls nichts mehr.
Neben der Wohnungs- und Jobvermittlung dient die städtische Flüchtlingskoordination inzwischen hauptsächlich als Anlaufstelle für alle möglichen Fragen der ukrainischen Flüchtlinge. Wenn beispielsweise der Inhalt eines Schreibens einer Behörde erklärt werden muss oder ein Termin bei einer Arztpraxis vereinbart werden soll, sind Becker, Liefke und Sempek zur Stelle. In vielen Fällen führe es bereits zum Erfolg, wenn die städtischen Mitarbeiterinnen mit der betreffenden Behörde, mit der es ein Problem gebe, telefonierten, meint Liefke. Oftmals seien es schlicht Kommunikationsprobleme zwischen Flüchtlingen und Behördenmitarbeitern, die sich leicht klären ließen.
Dass Kelsterbach für manche der ukrainischen Flüchtlinge mehr ist als ein vorübergehender Aufenthaltsort, beweist das Beispiel einer jungen Mutter, die vergangenen Sommer mit ihren Kindern aus der Step-In-Unterkunft nach Rüsselsheim umsiedeln musste. Dort hat es ihr allerdings gar nicht gefallen, so dass sie alles darangesetzt hat, in Kelsterbach eine eigene Wohnung zu finden. Es ist ihr gelungen und nun ist sie wieder hier – zuhause. (wö)