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Ein Jahr ist rum und das neue steht vor der Tür, es ist Silvester. Das neue Jahr wird über den gesamten Globus hinweg gefeiert und viele Menschen lassen es dann so richtig krachen. Das hat Tradition in Deutschland und wurde viele Jahre wenig bis gar nicht in Frage gestellt. In der letzten Zeit kamen dann immer häufiger Gründe gegen die Silvesterknallerei an die mediale Oberfläche. Argumente wie Feinstaubbelastung und Tierwohl sind nicht von der Hand zu weisen. Der Corona-Lockdown light im Jahr 2021 verbot Silvesterfeiern und Knallerei komplett. Manch einer mag es vermisst haben, manch einer vielleicht aufgeatmet haben, weil es einmal keinen Lärm, keine verschreckten Tiere und keine Verletzten durch fehlgeleitetes Silvesterfeuerwerk gegeben hat. Wir haben Menschen gefragt, die sich aus Berufsgründen mit Silvester und seinen Folgen beschäftigen und wollten von Ihnen wissen, wie sie die Silvesterknallerei wahrnehmen, welche Folgen sich daraus in ihrer Arbeit ergeben und ob sie sich sozialverträgliche Alternativen vorstellen können. Die Gespräche führte Anika Fabijanic.
Martin Klepper ist Stadtwaldförster und Leiter des Kelsterbacher Kommunalbetriebs (KKB). Mit seinen Angestellten ist er unter anderem für die Säuberung öffentlicher Plätze verantwortlich.
Herr Klepper, wieviel Aufwand beziehungsweise Mehraufwand bedeutet Silvester für Sie und Ihre Mitarbeitenden? Haben Sie in den letzten Jahren eine Veränderung beim Feiern auf öffentlichen Plätzen wahrnehmen können?
Am 2. und 3. Januar des neuen Jahres waren alle diensthabenden Mitarbeiter des KKB im Zuge der Stadt- und Gemarkungsreinigung unterwegs. Konkret bedeutet das, durch eine ausgedünnte Besetzung wegen Urlaubs oder Krankheit, 15 Personen mit 12 Fahrzeugen waren im Einsatz. Insgesamt wurden etwa 12 m³ Silvestermüll entsorgt, das füllt einen mittleren Müllcontainer. Darin enthalten waren die von der Ahmadiyya Gemeinde gesammelten und beim KKB abgegebenen 25 Müllsäcke.
Es lässt sich meiner Meinung nach ein Trend beobachten – weg von Raketen hin zu Batterien. Dadurch verteilt sich der Müll weniger, was das Einsammeln etwas einfacher macht, aber auch mehr Gewicht bedeutet.
Ob die Menschen ihren Müll früher eher selbst entsorgt oder wieder mitgenommen haben, kann ich nicht endgültig beantworten. Grundsätzlich glaube ich schon, soweit es meine eigenen Beobachtungen betrifft, dass die Tendenz dahin geht, den Müll fallen zu lassen und nicht selbst zu entsorgen, weil sich andere um die Reinigung kümmern. Aber das ist ja leider nicht nur an Silvester so. Im KKB kümmern sich mittlerweile drei Mitarbeiter ganzjährig um die Stadt- und Gemarkungsreinigung. Wir werden 2024 noch ein Elektrofahrzeug zusätzlich dafür beschaffen müssen. Die Eigenverantwortung nimmt eben ab.
Ich persönlich brauche die Knallerei nicht. Sie belastet die Umwelt durch Feinstaub und Müll, ist gefährlich durch Brände und die sogenannten Polenböller und verschreckt die Tiere, sowohl Wild- als auch Haustiere, und ist Geldverschwendung.
Eine Alternative für mich wäre: Die Sektkorken ausnahmsweise mal richtig knallen zu lassen.
(Anmerkung: Polenböller sind umgangssprachlich Feuerwerkskörper, die unter anderem aus Polen stammen und eine für Deutschland illegal hohe Explosionswirkung haben.)
Judith Wagner ist die Vorsitzende des Kelsterbacher Tierschutzvereins. Sie beschäftigt sich ganzjährig mit der Pflege und dem Retten auch von Wildtieren.
Frau Wagner, welche Bilanz ziehen Sie im Bereich des Tierschutz nach Silvester? Können Sie sich eine geräuschärmere Alternative vorstellen, die die Tiere weniger verschreckt?
Wir hatten über Silvester vier vermisste Hunde. Tatsächlich ist nur einer in der Nacht entlaufen, einer am Tag davor, als es beim Gassi gehen plötzlich geknallt hat und zwei am nachfolgenden Tag, da auch an Neujahr noch durchgehend geböllert wurde. Einige Katzen kamen erst Tage später nach Hause, weil sie sich irgendwo voller Angst verkrochen hatten. Zwei werden immer noch vermisst (Stand 10. Januar). Leider hat bei uns im Unterdorf letzten Sonntag (7. Januar) jemand nochmal Silvester gefeiert und hat in der Nacht ein komplettes Feuerwerk verschossen. Wir haben nach Silvester insgesamt acht Vögel bekommen, die voller Panik an Fensterscheiben geflogen sind. Vom Flughafen haben wir gehört, dass dort ebenfalls viele Vögel völlig kopflos an die Fensterscheiben geflogen sind.
Bereits vor Silvester haben viele Tierbesitzer bei uns nachgefragt, was sie tun können, weil ihr Tier bei der Knallerei völlig panisch reagiert und danach das Haus tagelang nicht mehr verlassen möchte. Für herzkranke Hunde oder Katzen kann ein solcher Schock sogar den Tod bedeuten. Uns ist ein solcher Fall bekannt. Einige Tierhalter haben berichtet, dass sie an Silvester mit ihrem Hund auf der Autobahn unterwegs sind oder am Flughafen im Hotel ein Zimmer gemietet haben, um den Stress zu umgehen. Das funktioniert leider nur bedingt, da viele Menschen uneinsichtig sind und auch vor und nach Silvester kräftig knallen.
Ich persönlich bin für Spenden statt Böller. Es gibt so viel Elend, auch in Deutschland, dass es mir widerstrebt, hundert Euro oder mehr in die Luft zu jagen. Das Geld setze ich lieber für einen guten Zweck ein. Natürlich ist Feuerwerk immer ein Hingucker und vor allem die Kinder sind davon begeistert. Ich fände es jedoch gut, für das Silvesterfeuerwerk einen Platz auszuweisen, an dem jeder, der Raketen in die Luft jagen möchte, an Silvester zwischen 24 Uhr und 1 Uhr knallen kann oder dabei zuschauen kann. Also ein zentrales Feuerwerk. Knallkörper, die extrem laut sind, sollten verboten werden. Es gibt inzwischen viele Feuerwerkskörper, die keine allzu lauten Geräusche machen. Im Disneyland Paris zum Beispiel, wird eine Kombination zwischen optischer Show und Feuerwerk veranstaltet, ohne dass es ohrenbetäubenden Krach macht. Beschämend finde ich es, dass in Großstädten, laut Fernsehbericht, absichtlich Feuerwerkskörper auf andere Menschen geworfen werden, um diese zu verletzen.
Christian Rolle ist Leiter der Freiwilligen Feuerwehr in Kelsterbach. Er ist mit seinen Kolleginnen und Kollegen rund um das Jahr im Einsatz, wenn es brennt oder Menschen gerettet werden müssen.
Herr Rolle, überregional hat man von Verletzten bis hin zu Toten in den Nachrichten gehört, Böller sind quer geschossen und haben eine Wohnung in Brand gesteckt, in Frankfurt sind Polizisten attackiert worden. Welches Fazit würden Sie aus der Sicht der Freiwilligen Feuerwehr ziehen? War es eine friedliche Silvesternacht?
Aus Sicht der Freiwilligen Feuerwehr Kelsterbach verlief die Silvesternacht relativ ruhig. Es gab zwei Einsätze, das waren Kleinbrände, bei denen ein Mülleimer gebrannt hat, beziehungsweise der Rest eines Feuerwerks. Silvester ist in Kelsterbach zum Glück nie so schlimm, wie man das aus dem Fernsehen kennt.
Meine Einschätzung ist jedoch, dass dieses Jahr wieder viel mehr Feuerwerk abgebrannt wurde. Da muss man schon sagen, dass man froh sein kann, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Doch in den vergangenen rund fünf Jahren, war es immer so, dass es nicht zu größeren Schäden an Häusern oder Bäumen oder anderen brennbaren Gegenständen kam.
Wir haben wohl das Glück, dass wir in einer Kleinstadt leben und dadurch nicht die Ausschreitungen geschehen, wie es in anonymen Großstädten, wie beispielsweise zuvor in Berlin, der Fall ist. Die Hemmung in einer Stadt, in der die meisten sich kennen und vieles nachvollziehbar ist, ist dafür zu groß. Dennoch kann es auch anders gehen, wie in Bischofsheim, wo eine Rettungskraft in der Silvesternacht auf dem Weg zur Zentrale war und auf der Straße körperlich attackiert wurde.
Ich bin sehr froh, dass wir das in Kelsterbach nicht erlebt haben. Mein Appell an dieser Stelle ist dennoch, Rettungskräfte, Polizistinnen und Polizisten sowie Feuerwehrangehörige nicht zu behindern oder körperlich anzugehen. Es ist ein Dienst an der Gesellschaft, der hier geleistet wird und im Zweifelsfall hängen Menschenleben davon ab.
Wir danken allen Gesprächspartnern für ihre Einschätzungen. Auch der Ahmadiyya-Gemeinde dankt die Stadt noch einmal für ihren sozialen und wichtigen Einsatz.