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Von Anika Fabijanic
Ein Garten ist ein Langzeitprojekt, soviel kann ich nach immerhin fünf Jahren als Gartenbesitzerin sagen. Und wie im Leben, gibt es Höhen und Tiefen. Mal erlebt man wunderbare Momente und wird reich beschenkt, mal geht alles schief und Liebgewonnenes oder Aussichtsreiches stirbt einem unter den Händen weg. Garten lebt von Erfahrungen des Gärtners, aber auch von äußeren Einflüssen und unterliegt stetigen Veränderungen. Mein Garten ist wie eine Reise, ich erlebe immer wieder Neues, beobachte, staune und muss manchmal andere Wege gehen, als ich geplant habe.
Ich betrachte meinen Garten mittlerweile auch als einen Teil meines Zuhauses, den ich mit anderen teile, die ihn ganzjährig nutzen – den Tieren und den Pflanzen. Ich bin nicht nur Gast, aber ich muss mich mit meinen Mitbewohnern abstimmen. So habe ich dieses Jahr von dem Trend gehört, im Mai nicht zu mähen – No Mow May. Der kommt übrigens aus England, da wo sie den englischen Rasen pflegen. Der Hintergrund ist, dass ein Rasen normalerweise nie nur aus Gras besteht, sondern auch aus blühenden Pflanzen. Diese können sich im Mai aussäen, so dass sie auch nach einer Mahd immer wieder kommen. Mein Gartenigel fand das toll. Der ist des nächtens durch das hohe Gras gelaufen und hat sich an den darin lebenden Insekten gütlich getan. Nachdem ich Anfang Juni gemäht hatte, sah das anders aus.
Anfang Juni waren wir schon inmitten einer Trockenperiode. Der Boden war nach zwei Tagen komplett ausgetrocknet und knochenhart. So sah dann auch der Rasen aus und der Igel hat sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub gemacht. Lediglich die Amseln fanden es anfangs toll, denn so kamen sie schneller an die Regenwürmer. Was hatte ich nun falsch gemacht?
Ich habe mich an eine strickte Regel gehalten, ohne die aktuellen Faktoren zu berücksichtigen. Diese waren in meinem Fall die bereits eingesetzte Trockenperiode und der nach Süden ausgerichtete Standort. Innerhalb einer Woche war alles ausgetrocknet und ich hätte mehrmals die Woche wässern müssen, um diese Tendenz aufzuhalten. Das habe ich nicht gemacht. Einmal, weil das in Dürrezeiten ein recht egoistisches Verhalten ist und zweitens, weil es „nur“ Rasen ist. Viel wichtiger sind mir meine Bäume und meine Blühpflanzen, die den Gartentieren viel mehr bringen als eine grüne Rasenfläche. So habe ich dieses Jahr zwei Kohlmeisenaufzuchten in meinem Garten erleben dürfen und habe jeden Tag Besuch von vielen verschiedenen Vögeln, Bienen, Hummeln und auch Hornissen sowie manchmal Libellen.
Bescheiden sieht es trotzdem aus und ich kann jeden Gartenbesitzer verstehen, der diesen Anblick vermeiden möchte. Trotzdem glaube ich, dass es anders gehen muss, als eine große Rasenfläche zu hegen und zu pflegen – sprich regelmäßig intensiv zu wässern, damit sie satt grün bleibt.
Deshalb habe ich meinen Kollegen Siegfried Roscher vom Kelsterbacher Kommunalbetrieb befragt. Roscher hat eine Ausbildung als Gärtner absolviert und anschließend Landespflege mit Diplomabschluss in Freiraumplanung studiert. Er sollte sich auskennen.
Klimatolerant – wie geht das?
Das Erste, was er mir erzählt ist, dass ein Garten auch nichts anderes als ein grünes Zimmer ist, das man einrichtet. Das kommt mir bekannt vor. „Für jeden folgt der Garten einem anderen Konzept. Was erwarte ich von einem Garten? Welche Gefühle bringe ich mit einem Garten in Verbindung?“, fragt Roscher zu Beginn. Erst wenn man sich klar werde, wie man sich im Garten aufhalten wolle, könne man mit der Planung beginnen. Dann kommt der wichtigste Faktor ins Spiel – der Standort.
Der Standort beinhaltet die Wasserverfügbarkeit, die Lichtverhältnisse und die Bodenverhältnisse. Wenn ich diesen Faktor bei der Pflanzenwahl beachte, könne ich die richtigen Pflanzen für meinen Garten finden, die mich nach dem Anwachsen kaum noch Arbeit und Zeit kosten, versichert Roscher.
„Pflanzen müssen nach ihrem Standortvorkommen ausgesucht werden. Die Kriterien sind die natürlichen Lebensbereiche.“ Aber nicht nur die Hitze- und Trockenresistenz spielen hier mithinein. Wir befinden uns schließlich in Deutschland und nicht im Mittelmeerraum. Hier gibt es früh im Jahr Frostnächte sowie durchaus kalte oder komplett verregnete Winter. Also müsse man auch diese Faktoren miteinbeziehen, um eine klimatolerante Pflanze auszusuchen.
„Viele Leute glauben, Rasen ist die einfachste Lösung. Dabei ist Rasen das pflegeintensivste Grün im Garten. Er bedarf permanent Wasser, Düngung und Vertikutierung, um den Boden zu belüften. Und wenn man dann den falschen Boden hat, wird der Rasen trotzdem nichts. Der Standort bestimmt den Boden und damit auch wie der Rasen aussieht. Selbst ein Rollrasen wird nach einem Jahr voller Gänseblümchen sein, wenn sie schon zuvor dort gewachsen sind“, erklärt Roscher.
Auch ein ordentliches Blumenbeet mit frischer tiefbrauner Erde um die Blühpflanzen betrachtet er mit gemischten Gefühlen. „Eine bewachsene Fläche verbraucht viel weniger Wasser, als ein frisch geharktes Beet, das immer wieder umgegraben werden muss, damit die Oberfläche nicht austrocknet.“ Eine bewachsene Fläche sehe zwar unordentlicher aus, aber sie entspreche den natürlichen Bedingungen der Pflanzen, die selten singulär vorkommen würden. „Damit ist ein bewachsenes Beet auch viel weniger pflegeintensiv“, sagt Roscher.
Nun habe ich versucht, mich einzulesen und für meinen Garten vermeintlich geeignete Pflanzen auszumachen. Doch der Zahn wird mir schnell gezogen. „Bietet Sichtschutz, aber da kannst Du dann auch nicht mehr dran vorbeisehen.“ „Sowas willst Du als Allergiker nicht in Deinem Garten haben.“ Und „die Pflanze wächst zwar schnell, wird aber auch gerne mal drei Meter hoch“, sind nur ein paar der Bemerkungen Roschers auf meine vermeintlich guten Ideen. Aber wie soll ein Hobbygärtner denn nun die richtigen Pflanzen finden?
„Man muss anfangen, die Pflanzen kennenzulernen und aus der Erfahrung lernen. Viele Pflanzen überstehen die ersten ein bis zwei Jahre. Erst nach drei bis vier Jahren sieht man, ob sie sich mit den gegebenen Bedingungen wohlfühlen und überleben“, erklärt er mir. Man müsse sich am Standort des eigenen Gartens orientieren, erklärt er weiter. Welche Pflanzen wachsen bei mir von allein? Wie sehen die aus? Wie sehen die Pflanzen aus, die mir gefallen und wo wachsen diese? Dann muss man noch das Wuchsverhalten beachten, ob die Pflanzen gerne allein stehen, weil sie sich so stark ausbreiten, oder ob dazwischen kleinere Pflanzen leben, sie also in Gesellschaft stehen. Auch Sonnen- und Schattenverhältnisse dürfen nicht unterschätzt werden. „Je mehr ein Garten auf Spezialisten ausgelegt ist, beispielsweise die beliebten Rhododendron, desto pflegeintensiver ist er und desto spezialisierter müssen die Bodenverhältnisse sein. Zum Beispiel muss der PH-Wert der Erde passen. Schon minimale Änderungen im Standort haben große Auswirkungen auf die Pflanzen.“
Mit einem gut durchdachten Gartenkonzept könne ein Garten dagegen viel Freude und wenig Arbeit bringen, ist sich Roscher sicher. „Pflanzen sind Lebewesen mit Bedürfnissen genau wie wir. Aber im Gegensatz zu uns, können sie nicht weglaufen, wenn sie sich nicht wohlfühlen.“
Zum Schluss gibt es noch Roschers Buchtipp mit Augenzwinkern: Der Garten für intelligente Faule.