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Nach fast 45 Jahren in Diensten der Stadt Kelsterbach hat sich die städtische Frauenbeauftragte Waltraud Engelke Anfang Mai offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Das Amt der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten hatte sie vor knapp zwanzig Jahren übernommen. Zuvor war die gelernte Verwaltungsangestellte im Hauptamt, im Sozialamt, im Einwohnermeldeamt und im Personalamt tätig gewesen.
„Als ich 2002 die Möglichkeit bekam, kommunale Frauenbeauftragte zu werden, hat das sowohl meinen beruflichen Werdegang als auch mich persönlich stark geprägt“, blickt Engelke zurück. Ziel ihrer Tätigkeit war es, auf Chancengleichheit für Frauen und Männern hinzuwirken, insbesondere den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern zu gewährleisten und die Unterrepräsentanz von Frauen in diesen Ämtern zu beseitigen. In diesem Sinne wirkte sie sowohl intern innerhalb der Stadtverwaltung als auch nach außen, in die Stadtgesellschaft hinein gerichtet. Schwerpunkte ihrer Arbeit lagen für Engelke in der qualitativen Gleichbehandlung beider Geschlechter im Berufsleben und in Sachen Kinderbetreuung.
Auch zwei Jahrzehnte später seien die genannten Themenbereiche nach wie vor aktuell, die Situation weiter verbesserungswürdig, stellt Waltraud Engelke heute fest. Beispielsweise verdienten Frauen im Beruf immer noch weniger als Männer, 18 Prozent betrage die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern. Hinsichtlich der Kinderbetreuung habe sich immerhin einiges gegenüber der Lage im Jahr 2002 verändert. Sie verweist auf den gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz ab der Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes, der seit 2013 gilt. Freilich laufe auch hier „noch nicht alles rund, denn es bräuchte mehr Personal, gerne auch männliches“, sagt sie.
In zwanzig Jahren als Kelsterbacher Frauenbeauftragte hat Engelke einiges an Veranstaltungen für Frauen auf die Beine gestellt, etwa die alljährlichen Frauenfrühstücke mit themenbezogenen Vorträgen, des Weiteren Workshops, Lesungen, Filmabende, Ausstellungen und Projekte. „Die Themen habe ich meist danach ausgewählt, was mich selbst gerade beschäftigte oder vom Büro für staatsbürgerliche Frauenarbeit Wiesbaden angeboten wurde“, erzählt sie. Beispiele sind Themen wie Frauenrechte im Wandel der Zeit, Frühjahrsputz für die Seele, männliche und weibliche Sprache oder Umgang mit Macht. Sie waren offenbar wohl ausgewählt, denn die Veranstaltungen stießen auf eine erfreuliche Resonanz, durchschnittlich besuchten rund 60 Frauen die einzelnen Angebote.
Ein Höhepunkt war für Engelke das Fotoprojekt „Mütter & Töchter – Nähe und Distanz“ im November 2014, für das sie 61 Frauen unterschiedlichster Nationalität, die in Kelsterbach leben, angesprochen hatte, um zu erfragen, ob sie sich fotografieren lassen würden. Letztlich nahmen alle 61 Frauen teil und es entstanden 38 Schwarzweiß-Fotografien in der Größe 60x40 Zentimeter. Die Ausstellungspräsentation war außergewöhnlich, denn die Fotografien waren mit dünnen Schnüren an der Decke des Foyers im Fritz-Treutel-Haus befestigt und erweckten so den Eindruck, frei im Raum zu schweben. Begleitend wurden auf einer Litfaßsäule die zuvor gesammelten Gedanken der Ausstellungsteilnehmerinnen zu ihrer Mutter-Tochter-Beziehung präsentiert.
Auch an die beiden Großveranstaltungen zum Weltfrauentag, jeweils am 8. März, erinnert sich Engelke gern. Im Jahr 2009 brachte sie das Duo „Generationenkomplott“ auf die Bühne des Fritz-Treutel-Hauses, das „Die Geschichte der Frauenbewegung“ aufführte. Dargeboten wurde ein schauspielerisches und musikalisches Meisterwerk, das als satirischer Ritt durch die Siege und Niederlagen der Frauen im Kampf um ihre Menschenrechte führte. 2012 traten „Die Truden“, ein musikalisches Frauen-Quartett, im Fritz-Treutel-Haus auf und brachten in schrillen Outfits fetzige Musik mit Percussion und Comedy auf die Bühne. Bei dieser kreisweiten Veranstaltung zum Weltfrauentag und anlässlich der 60-Jahr-Feier zur Stadtwerdung in Kelsterbach mussten die ernsten Themen einmal zurückstehen, der Spaß und die Freude standen im Vordergrund. Der Anklang bei den Kelsterbacher Zuschauerinnen und Zuschauern war bei beiden Veranstaltungen enorm, erinnert sich Engelke.
Doch auch rathausintern hatte Waltraud Engelke als Frauenbeauftragte wichtige Aufgaben zu erfüllen. So nahm sie regelmäßig an Vorstellungsgesprächen teil, außerdem an vielen Arbeitsgruppen und Sitzungen, in denen es inhaltlich häufig darum ging, organisatorische und personelle Dinge in Dienstvereinbarungen oder Dienstanweisungen festzuschreiben. Engelke hatte dabei immer im Blick, in welcher Weise die Entscheidungen Frauen und Männer betrafen, die Familienarbeit neben ihrem Job leisteten, und wie es gelingen konnte, Frauen den Zugang zu Führungspositionen zu ermöglichen. „Ein Blick in den Frauenförderplan der Stadt Kelsterbach oder in das Organigramm der Stadtverwaltung legt offen, dass Führung noch immer männlich ist, auch im Rathaus Kelsterbach“, merkt sie an.
Ihrer Einschätzung nach spielten hier viele Aspekte eine Rolle. Zwar gehe es in erster Linie um Eignung und Befähigung. Aber Frauen erlebten doch häufig einen Karriereknick im entscheidenden Lebensalter zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, und das, obwohl sie in der Regel die besseren Schulabschlüsse machten. Zurückzuführen sei dies auf die Frage, wer in der Familie Verantwortung übernehme für die Kinderbetreuung. „Fakt ist, hier muss noch einiges passieren, allerdings nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern gesamtgesellschaftlich“, benennt Engelke Handlungsbedarf für strukturelle Veränderungen.
Waltraud Engelke war zuletzt allerdings nicht allein als Frauenbeauftragte der Stadt Kelsterbach tätig, seit dem Jahr 2016 hat sie neben ihrer Tätigkeit als Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte auch die Stelle „Beratung- und Koordination Altenhilfe“ innegehabt. Hierbei standen die Beratung und Unterstützung der Seniorinnen und Senioren sowie von deren Angehörigen im Mittelpunkt. Dazu galt es, sich das entsprechende Fachwissen anzueignen, sich mit Gesetzen und Hilfestrukturen vertraut zu machen. „Ich habe sehr viel Emotion und Dank zurückerhalten“, resümiert Engelke ihre Tätigkeit. Mit den Jahren und Dank der vielen Kontakte, die man bei der sozialen Arbeit knüpft, kamen ihr Ideen zu Senioren-Projekten wie beispielsweise die Fotoaktion „Was heißt schon alt?“, das „Rikscha-Projekt“ oder der Terminplaner mit Information zum Thema „Gemeinsam älter werden in Kelsterbach“, die sie dann mit Erfolg umsetzte.
„Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge in den Ruhestand, denn die Kolleginnen und Kollegen werden mir fehlen. Auf die neu gewonnene Freizeit allerdings freue ich mich sehr, denn ich habe noch einiges vor“, blickt Engelke auf den jetzt anbrechenden Unruhestand. (wö)